Die Prozesskette der additiven Fertigung
In diesem Kapitel werden wir uns mit der Prozesskette des 3D Drucks beschäftigen.
Was wird benötigt und worauf muss ich achten, um am Ende ein 3D-gedrucktes Bauteil von guter Qualität in den Händen zu halten?
Aus den zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten des 3D Drucks kristallisierten sich drei große Anwendungsebenen heraus:
Alle drei Anwendungsebenen weisen im Detail unterschiedliche Prozessketten auf. Diese werden auf einer weiteren Seite separat und ausführlich erläutert.
Im Großen und Ganzen lässt sich eine allgemeine Prozesskette für den 3D Druck wie folgt darstellen:
Vorbereitung (Pre-processing)
1. Druckdaten erstellen/importieren
Um ein Modell mit dem 3D-Drucker zu erzeugen, brauchst Du zuerst die digitale Vorlage. Diese stellt das physische Objekt in digitaler Form dar. So wie du beim 2D Druck eine Bildvorlage oder Textdatei zum Ausdrucken benötigst, wird beim 3D Druck ein entsprechendes dreidimensionales Modell die Grundlage gebraucht.
Du kannst dieses 3D Modell mithilfe eines Programms (CAD) konstruieren oder zur Digitalisierung des Originalobjektes einen 3D Scanner einsetzen. So entsteht dein digitales 3D-Modell. Verschiedene Formate sind möglich:
- Zu den Favoriten gehören CAD-Formate wie STEP und IGES. Die CAD-Konstruktionsdaten beinhalten zahlreiche Detail-Informationen. Damit können die meisten Slicer-Programme nicht viel anfangen, denn diese benötigen Meshformate.
- Meshformate oder Gitternetzlinienmodelle erlauben einen direkten Druck. Typische Mesh-Dateiformate sind STL für einfarbige Modelle, OBJ/3mf (einfarbig/farbig), WRL/VRML und PLY (beide farbig).
Infobox: Was verbirgt sich hinter CAD?
CAD steht für computer-aided design, also rechnerunterstütztes Konstruieren. Die konstruktiven Aufgaben werden also von der elektronischen Datenverarbeitung unterstützt, um Objekte für Bauwerke, Maschinen, Fahr- und Flugzeuge oder auch Kleidung herzustellen.
In CAD ist es möglich, zwei- und dreidimensionale Modelle zu generieren.
Für eine umfassende Funktionalität werden die Programme durch Berechnungen, Simulationen und CNC-Programmerstellung ergänzt. Auf der Basis des virtuellen Modells erzeugt Dein 3D-Drucker dann das reale Objekt.
2. Slicing
Bei allen Druckverfahren bestückst du deinen 3D-Drucker mithilfe eines Slicers (CAM-Programm).
Mit diesem Programm legst du wichtige Informationen wie zum Beispiel Drucktemperatur, Füllmenge, Platzierung der Bauteile und deren Ausrichtung bzw. Anordnung fest.
Die Anzahl der verstellbaren Parameter unterscheiden sich von den Druckverfahren und den verwendeten Slicer-Programmen.Infobox: Was verbirgt sich hinter CAM?
CAM-Programme (Slicer) haben die Aufgabe, wichtige Informationen wie Drucktemperatur, Füllmengen und stützenden Strukturen zur STL Datei hinzuzufügen. CAM steht für „computer-aided manufacturing“.
Der Slicer (CAM-Programm) zerlegt das Werkstück unter der Einflussnahme deiner eingestellten Parameter in einzelne Schichten, welche dann zu einem G-Code umgewandelt werden.
Das Slicer-Programm muss mit deinem 3D-Drucker kompatibel sein, um perfekt zu funktionieren. Oft wird diese Software kostenlos zum Drucker mitgeliefert.
3. G-Code erzeugen
Nachdem du alle Daten eingegeben und dein Bauteil richtig positioniert hast, erzeugt der Slicer den entsprechenden Maschinencode für deinen 3D-Drucker. In den meisten Fällen wird hier ein sogenannter G-Code erzeugt, auf dessen Basis der Drucker seine Befehle ausführt.
G-Code Beispiel:
Beispiel Satznummer 25:
G1 X97.154 Y82.720 E2.09541 F1800
G1: Linearinterpolation Bewegung (Geradlinige Bewegung)
Der Druckkopf bewegt sich zu den Koordinaten (X97.154, Y82.720), und extrudiert 2.09541 mm Filament.
Das "F" in dieser Satzzeile sagt dem 3D-Drucker, welche Vorschubgeschwindigkeit er benutzen soll. In diesem Fall wären es 1800mm/min.
G-Codes sind nicht vollständig standardisiert. Es kann daher passieren, dass jeder 3D- Drucker unterschiedlich darauf reagiert. Jeder G-Code sollte deshalb für die einzelnen 3D-Drucker neu generiert werden. Nur so können Komplikationen oder größere Schäden vermieden werden.
3D-Druck (Print-Processing)
4. 3D Druck
Wenn dein 3D-Drucker reibungslos funktioniert und du die richtigen Slicing-Einstellungen getroffen hast, wird dein Bauteil nun dreidimensional gedruckt.
Bei Desktop FDM-Druckern kann man während des 3D Drucks noch eingreifen und kleine Einstellungen vornehmen.
Größere Anlagen und andere Druckverfahren erlauben dies nicht. Hier muss man sich gedulden bis der Druckprozess komplett beendet ist.
Nach Fertigstellung kann das gedruckte Bauteil aus dem 3D-Druckraum entnommen werden.
Nachbearbeitung (Post-Processing)
5. Stützstruktur entfernen
Gesamtaufwand und Nachbearbeitungsmöglichkeiten können je nach Druckverfahren sehr unterschiedlich ausfallen.
Angefangen mit dem Entfernen von Stützstrukturen beim FDM-Druck, dem Reinigen von SLA-Drucken bis hin zum Entpulvern bei SLS-3D-Druckern kann der Nachbearbeitungsaufwand mehr oder weniger groß sein.
Welche Nachbearbeitungen genau auf dich zukommen, zeige ich dir bei der Vorstellung der einzelnen 3D-Druckverfahren.
6. Qualitätskontrolle
Oftmals nicht mit eingeplant, aber definitiv ein wichtiger Bestandteil des Post-Processing, ist die umfassende Qualitätskontrolle der 3D-gedruckten Bauteile.
Sogar Industriebetriebe stehen hier vor einer großen Herausforderung, um die Design-Freiheit des 3D-Drucks zu kontrollieren und zu messen.
7. Veredelung
Wenn notwendig, können die gedruckten Bauteile veredelt werden.
Häufige Veredelungen von 3D-Druckbauteilen sind:
- Strahlen
- Schleifen
- Polieren
- Einfärben
- Lackieren
- Beschichten