Vom 3D-Scan zum digitalen 3D-Modell

von Marcel

Vom 3D-Scan zum digitalen 3D-Modell

Neben dem Herunterladen der Druckdateien von den Content-Plattformen und dem selbstständigen Erstellen von 3D-Modellen bietet der 3D-Scan eine weitere Möglichkeit, das notwendige 3D-Druckmodell zu erhalten.

Der 3D-Scanner vermisst einen realen Gegenstand in Breite, Höhe und Tiefe. Je nach Scan-Verfahren werden auch die entsprechenden Farbinformationen mit erfasst.

Wie beim 3D-Druck gibt es auch beim 3D-Scan unterschiedlichste Verfahren, die je nach Anwendungsfall eingesetzt werden können.  

Bei einigen Anwendungen ist der 3D-Scan häufig die einzige Möglichkeit, die erforderlichen 3D-Daten zu erstellen.

Beispiele dafür sind:

  • Archäologische Objekte
  • Skulpturen
  • Reliefkarten
  • Denkmalgeschützte Objekte
  • Vermessung von Gebäudestrukturen
  • Organe und Anschauungsmodelle
  • 3D-Porträs von Menschen
  • Soll-/Ist-Vergleich von gefertigten Bauteilen
  • Verschleißprüfung
  • Dental Scans

Bei dieser breiten Palette von Anwendungen sind die Anforderungen an Qualität, Genauigkeit und mögliche Scangröße der 3D-Scanner sehr vielseitig.

Die 3D-Datengewinnung erfolgt in den meisten Fällen mit Licht. Erfasst werden dabei „nur“ die äußeren Konturen. 3D-Daten von eventuellen Hohlräumen oder Kanälen im Bauteil bleiben bei den meisten Scanverfahren unberücksichtigt.

Für die Erfassung der inneren Strukturen müssen wir auf die vor allem in der Medizin bekannten Scanverfahren wie CT (Computertomografie) und MRT (Magnetresonanztomografie) zurückgreifen.

Bevor wir die einzelnen 3D-Scanverfahren näher erläutern, schauen wir uns zunächst den Prozessablauf eines 3D-Scans an.

Worauf müssen wir achten? Welche einzelnen Schritte sind notwendig, um ein fehlerfreies 3D-Modell zu erhalten.

Prozessablauf: Vom 3D-Scan zum 3D-Modell

Der Gedanke, dass aus einem einfachen 3D-Scan sofort ein fertiges 3D-Modell geliefert wird, wäre einfach zu schön, um wahr zu sein.

Je nach Scansystem fallen nach dem Scan mehr oder weniger umfangreiche Nachbearbeitungen an.

Beim 3D-Scan wird das Objekt in der Regel mit einem Laser abgetastet bzw. gescannt.

Während dieses Abtastens entsteht eine große Menge von Daten und Konturpunkten, die danach in einem gemeinsamen Koordinatensystem zu einer Punktwolke zusammengefügt wird.  

Anschließend wird mit Hilfe der passenden Software eine Flächenrückführung erzeugt.

Aus anfänglich einem Punkt werden zwei, drei oder mehr Punkte. Aus diesen werden Linien oder Kurven erzeugt. Durch diese Kurven und Linien entstehen dann Flächen (Polygone). Daraus wiederum entwickelt sich ein Polygonnetz.

Daraufhin wird die Oberfläche des Objektes mit einem Dreiecksnetz überzogen, die sogenannte Triangularisation.

Das gesamte Modell muss über eine geschlossene Oberfläche verfügen.

Dieses nun erzeugte Flächenmodell kann nun als druckbare Datei( -.stl,-.3mf, -.obj) exportiert werden. 

„Theoretisch“ könnte diese Datei nun gedruckt werden.

Aber…

Meistens ist diese noch nicht ausreichend für ein gutes und brauchbares Druckergebnis.  

Folgende Arbeitsschritte sollte man deshalb noch ausführen:

1.Reduktion von Details

Um eine hohe Genauigkeit des Scans zu bewerkstelligen, werden unzählige Punkte mit dem 3D-Scanner vermessen. Diese hohe Zahl an Daten ist die Grundlage für eine hohe Scanqualität, macht aber auch das eventuell notwendige Nachbearbeiten der Dateien sehr komplex und zeitintensiv.

Bei sehr genauen Scans können dabei mehrere 100tausende Polygone (Flächen) erzeugt werden. Der eine oder andere PC könnte dadurch an seine Leistungsgrenze kommen.

Auch für das anschließende 3D-Drucken dieser Scans ist es ratsam eine Detailreduktion vorzunehmen, da einigen 3D-Drucker bei vielen Details auch Einschränkungen in der Druckauflösung aufweisen.

Unser Motto ist hier: Weniger ist mehr!

Diese Reduktion der Flächen können oftmals in den Scan-Programmen selbst durchgeführt werden.

Feine Details sichtbar

Detail Reduzierung

2.Manuelle oder automatischer Positionierung von Bildern

Je nach Scanverfahren werden einzelne Bilder von unterschiedlichen Positionen erstellt.

Damit die Software weiß, wie das eingescannte Bauteil am Ende aussehen soll, müssen einige der Bilder manuell positioniert werden.

Die neusten Softwaretypen und 3D-Scanner erledigen diesen Arbeitsschritt jedoch automatisch.

3.Entfernen von ungewollten Punkten und Flächen

Während des 3D-Scannens können durch falsche Lichtverhältnisse, Bewegungen des Scanobjekts oder durch Spiegelung auf der Oberfläche verschiedene Scanfehler entstehen.

Es werden so Flächen und Formen erzeugt, die in der Realität gar nicht vorhanden sind.

Solche Scanfehler sollten auf jeden Fall behoben und entfernt werden.

3D-Scan - Punktewolke

4.Reparatur der Modelle

Nicht nur ungewollte Flächen und Punkte können entstehen, auch das genaue Gegenteil kann passieren.  Fehlende Strukturen oder sogar Löcher im Modell.

Jedes 3D-Modell muss über eine geschlossene Oberfläche verfügen, sonst kann das Modell nicht gedruckt werden. Es darf kein Polygon fehlen. Das Modell muss also „wasserdicht“ sein.

Das Schließen dieser Löcher kann automatisch oder manuell durchgeführt werden.

ungeschlossenes 3D-Modell

repariertes 3D-Modell

5.Glätten

Der letzte Arbeitsschritt, der eventuell durchgeführt werden muss, ist das Glätten.

Je nach Qualität der Rohscandaten sind einige Oberflächen des Bauteils uneben. Diese können mittels der Option „Glätten“, in einigen Programmen auch „Smooth“, wieder geglättet werden.

Dabei wird jedoch die Detaillierung reduziert und eine gewisse Unschärfe am 3D-Modell erzeugt.

Also kleine und feine Details werden dann eventuell nicht mehr richtig dargestellt.

3D-Scan - ungeglättet

3D-Scan - geglättet

6. Reverse Engineering - Optional 

Je nach Anwendungsfall und möglichem Zweck des 3D-Scans, ist ggf. eine Flächenrückführung sinnvoll.

Man spricht hier vom sogenannten Reverse Engineering.

Dabei werden die Scandaten aufgearbeitet und in das passende Format (bsp. -.Step) exportiert, damit das 3D-Modell mittels CAD-Software weiter bearbeitet werden kann.

Worauf sollte beim 3D-Scan generell geachtet werden?

  • Erarbeiten einer Scan-Strategie – Wie muss das Bauteile gescannt werden, um auch verdeckte Kanten und Hinterschnitte zu erreichen?
  • Größe des Scan Objekts -Welches Scansystem ist zu nutzen?
  • Anwendung des Scans - 3D-Druck, Animation oder virtual reality?
  • Art der 3D-Scanner - Auflösung, Genauigkeit und Scandauer?
  • Passende Software – Wird damit das gewünschte Endergebnis erreicht?
  • Spiegelnde oder tiefschwarze Oberfläche – Wird eine Vorbehandlung mittels eines besonderen Sprays (z.B. Kreidespray) notwendig?

Welche 5 großen 3D-Scan-Verfahren stehen uns zur Verfügung?

1.Fotogrammetrie

Die Fotogrammetrie ist ein kontaktloses Scan-Verfahren, welches anhand von 2D-Bildern ein 3D-Modell generiert. Diese Bilder können mit handelsüblichen Kameras oder Smartphones fotografiert werden. Dabei sollte auf gute Lichtverhältnisse geachtet werden.

Je mehr Fotos vorhanden sind, desto besser ist die Qualität des 3D-Modells. Natürlich benötigt die Verarbeitung der Daten auch mehr Zeit.

Die Generierung des 3D-Modells übernimmt anschließend die Software. Einige Programme erstellen diese Berechnung innerhalb einer Cloud.

Dieses Scan-Verfahren ist für den Einstieg in den 3D-Scan gut geeignet, da die Investitionskosten gering sind.

Anwendungsbereiche:

Die Fotogrammetrie wird beispielsweise bei der Vermessung von Gebäuden und dem Erzeugen von 3D-Daten landschaftlicher Reliefkarten genutzt. Drohnen eröffnen uns heute die Möglichkeit, Fotos aus allen Betrachtungswinkeln zu erstellen. 

Der Detailgrad ist im Vergleich zu den anderen Scanverfahren eher gering aber für viele Anwendungen vollkommen ausreichend. Hier spielt der gute Kostenfaktor eine entscheidende Rolle.

Software:

Dienstleister:


2.Streifenlichtscan

Ein deutlich umfangreicheres und wesentlich kostenintensiveres Scan-Verfahren ist der Streifenlichtscan, auch bekannt als Projektorscan.

Wie bei der Fotogrammetrie wird auch hier mit Kamerabildern gearbeitet, zusätzlich aber wird noch ein Projektor eingesetzt.

Mit Hilfe des Projektors wird ein codiertes Streifenmuster auf das Bauteil projiziert. Eine winkelversetzte Kamera macht davon zahlreiche Bilder. Diese verzerrten Streifenmuster werden danach in der Software in ein 3D-Modell umgewandelt. Dabei sind Auflösung und Genauigkeit sehr hoch.

Dieses Verfahren wird oft im industriellen Bereich, beispielsweise beim Einscannen von Maschinenbauteilen oder Kulturgütern eingesetzt.

Anwendungsbereiche:

Maschinenbau, Archäologie, Dentalbranche

Dienstleister:


3.Laserscannen

Beim Laserscannen wird das Objekt von einem Laserstrahl abgetastet. Dabei wird die Wellenlänge des Lasers und deren Ablenkung genau gemessen.

Dieses Scan-Verfahren ist sehr genau, der Scan-Vorgang kann aber sehr lange dauern, da der Laser das ganze Objekt abfahren muss.

Anwendungsbereiche:

Architektur und Innenausbau, Unfallrekonstruktion, Automobil-, Flugzeug- und Maschinenbau, Denkmalschutz und Museen

Hersteller:

FaroLeica, Trimble

Dienstleister:


4.Computertomografie

Bei der Computertomografie wird das Objekt mittels Röntgenstrahlen durchstrahlt.

Es werden Schnittbilder zeugt, die wieder zu einem 3D-Modell zusammengeführt werden.

Dieses Verfahren funktioniert nur bei Materialien, die diese Strahlen auch aufnehmen können, zum Beispiel Kunststoffe, Keramiken oder Knochen.

Besonders dicke Metalle aus Eisen oder Stahl sind dagegen nur schwer zu röntgen.

Aufgrund des Durchdringens dieser Strahlen können auch innere Strukturen bzw. Hohlräume erfasst und dreidimensional dargestellt werden (z.B. Kunstgegenstände).

Computertomografie ist das einzige Scan-Verfahren, welches innere Strukturen erfassen kann.

Dienstleister:


5.Infrarotscan

Der Infrarotscan arbeitet auch ähnlich wie die Laserscanner. Der kleine, aber feine Unterschied bei diesem Scanverfahren ist die Tatsache, dass die angestrahlte Objektoberfläche um wenige zehntel Grad erwärmt wird.

Die absorbierte Wärmeenergie wird mithilfe eines Infrarotdetektors erfasst und in eine 3D-Punktewolke umgewandelt.

Mit dem Infrarotscan können auch reflektierende Oberflächen (z. B. Automobilbranche), problemlos eingescannt werden. Dies ist ein entscheidender Vorteil gegenüber den anderen Scan-Verfahren ist.  

Auch äußere Faktoren wie Umgebungstemperatur oder wechselnde Lichtverhältnisse haben keinen Einfluss auf die Scanqualität.

Einer der führenden Hersteller ist die Aimess GmbH aus Sachsen-Anhalt.

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